Nachhaltige Messelogistik: „Ich wünsche mir, dass die Schiene eine konkurrenzfähige Alternative zur Anlieferung wird“

Umweltschonende Messelogistik ist eine Herausforderung. Die Messewirtschaft in Deutschland arbeitet aber an Lösungen und weiterer Optimierung. Christin Schicht, verantwortliche Abteilungsleiterin bei der Messe Berlin, hat sich für den WebTalk #NachhaltigeMesse Zeit genommen und mit Steffen Schulze, Leiter Kommunikation und Marketing im AUMA, über bereits umgesetzte Neuerungen und Zukunftsprojekte gesprochen.

Bis zu 15.000 Lieferungen rollen auf die Messe Berlin zu, wenn eine Messe auf- oder abgebaut wird, habe ich unserem Gespräch erfahren. Wie bewältigt man diese Menge und schont zugleich die Umwelt?

Christin Schicht: Ja, Messeverkehre sind vor allem im Vorfeld von Großveranstaltungen eine echte Herausforderung. Wir haben unser Zufahrtssystem digitalisiert, da die ungesteuerte Zufahrt auf das Gelände so nicht mehr tragbar war. Es gab einen immensen Rückstau im Umfeld des Messegeländes. Daher haben wir uns entschlossen, feste Zeitfenster für die Anlieferung und Abholungen zu vergeben. Dank unserem gemeinsam mit der Firma VisiTrans entwickelten digitalen Tool VisiFair lässt sich das leicht umsetzen. Die Veränderung kommt der Umwelt zugute, indem wir die Staus minimieren. Auch unsere Kunden profitieren von der besseren Planbarkeit und verlieren keine Zeit mehr im Stau.

Was ist der größte Unterschied zum Zustand ohne Euer neues Logistik-System – und nun mit?

Christin Schicht: Als ich zur Messe Berlin gekommen bin, wurde mir gesagt: Egal was ihr macht, macht es einheitlich. Sodass die Messebauer wissen, was sie planen müssen. Ohne System standen alle Fahrzeuge pünktlich zum Abbaubeginn rund um das Messegelände im Stau. Jetzt muss jeder, der zum Auf- oder Abbau auf das Gelände fährt, digital ein Zeitfenster buchen. Die Verkehre werden besser verteilt. Wir reduzieren Stop-and-Go-Verkehre. Die Umwelt profitiert davon, indem weniger CO2 ausgestoßen wird. Leider haben wir keine konkreten Zahlen zu den Einsparungen. Die Veränderung zu vorher ist allerdings deutlich spürbar: Es ist immer noch viel los, aber es geht wesentlich geordneter zu als vorher.

Wo liegen die größten Herausforderungen, um nicht Probleme zu sagen, beim umweltschonenden Messe-Logistik-Verkehr?

Christin Schicht: Grundsätzlich spielt bei Messen der zeitliche Faktor eine große Rolle, aber natürlich auch die effiziente und möglichst kostensparende Transportlösung. Eine umweltfreundliche Logistiklösung wäre beispielsweise die Schiene. Dies ist momentan für unsere Kunden allerdings noch zu teuer und zu zeitintensiv. Eine weitere Herausforderung, die sich uns stellt: Wie schaffen wir es, dass unsere transportrelevanten Informationen auch im Fahrerhaus ankommen? Wie schaffen wir es, dass der Fahrer weiß, dass er vor Lieferung ein Zeitfenster zur Einfahrt buchen muss? Hier hilft uns die Zeit, denn mittlerweile kennen mehr und mehr Lieferanten und Dienstleister unser neues System und können sich darauf verlassen, dass wir einheitliche Bedingungen für alle Veranstaltungen schaffen.

Du hast einen Wunsch frei als Verkehrsplanerin bei der Messe Berlin. Welcher wäre das?

Christin Schicht: Ich würde mir wünschen, dass die Schiene eine konkurrenzfähige und echte Alternative zur Anlieferung wird. Denn das Berliner Messegelände hat bereits, was weltweit wohl kaum ein Messegelände hat: Einen eigenen Gleisanschluss. Den möchten wir gern mehr nutzen!

Wer ist neben der Messe Berlin einen Blick wert, wenn es um große, umweltschonende Logistikkonzepte geht?

Christin Schicht: Nachhaltigkeit ist wohl eins der Top-Themen der Logistikbranche. Von den großen Logistikunternehmen bis zum kreativen Start-up sind da gerade sehr viele gute Ideen unterwegs. Da will ich kein Projekt hervorheben. Ich glaube aber, dass wir in Zukunft noch viele neue, kreative Impulse erwarten dürfen.

 

Zur Person: Christin Schicht ist seit 2019 bei der Messe Berlin und dort Abteilungsleiterin Basic Technical Services. Sie ist studierte Verkehrsplanerin, war zuvor in verschiedenen Ingenieurbüros tätig und hat sich nun vorgenommen, die Digitalisierung der Event-Logistik zu optimieren und voranzutreiben. Gemeinsam mit dem Kooperationspartner VisiTrans entwickelte das Verkehrsteam der Messe Berlin VisiFair – ein digitales Tool zur Steuerung der Verkehre zu und auf dem Messegelände unter dem Berliner Funkturm.

Zum Webtalk #NachhaltigeMesse: Die Messewirtschaft in Deutschland ist unterwegs zur Klimaneutralität. In lockerer Folge spricht Steffen Schulze, Leiter Kommunikation und Marketing im AUMA, mit den Spitzenläuferinnen und -läufern der Messebranche über ihren durchaus anstrengenden Weg zum großen Ziel Klimaneutralität. Mit der Gesprächsreihe zu den Meilensteinen und Einzeldisziplinen des langen Laufs begleitet der AUMA den Weg der Messebranche mit Gesprächen über Hindernisse, Herausforderungen und Erfolge.

Foto: Messe Berlin / Grafik AUMA

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