Wie gut oder schlecht entwickeln sich eigentlich die Messen in Deutschland? Schauen wir mal auf das Gesamtergebnis. Im Jahr 2018 hatten zwei Drittel der rund 180 internationalen Messen in Deutschland Zuwachsraten, viele andere hatten stabile Ergebnisse auf hohem Niveau, ein kleiner Teil schwächelte, einzelne verschwanden vom Markt – eine Situation, die manche andere Kommunikationsinstrumente für ziemlich komfortabel halten würden. Auch im ersten Halbjahr 2019 sind Ausstellerzahlen und Standflächen nochmals um gut 1 % gewachsen. Wie passt das zu manchen Aussagen, vor allem in Marketingmedien, die klassische Messe werde zum Auslaufmodell?
Der Hauptgrund ist: Der Großteil der Messewirtschaft wird oft gar nicht betrachtet. Im Vordergrund stehen häufig Messen für kommunikationsstarke Branchen, die also mit Digitalthemen, IT, Automobil oder Markenartikeln zu tun haben. Diesem Spektrum geht es zwar nicht generell schlecht, aber darin sind einige Branchen zu finden – Stichwort IT und Automobil – in denen man auf der Suche nach neuen Messeformaten ist. Und manche Konsumgütermessen haben Neukonzeptionen vor sich oder gerade realisiert – Prozesse, die in gewissen Abständen immer wieder Teile der Messewirtschaft treffen, ohne dass deswegen die Sinnhaftigkeit von Messen zur Diskussion steht. Oft fehlt aber in solchen Betrachtungen der Investitionsgütersektor komplett, der insgesamt überdurchschnittliche Zuwachsraten hat und 2/3 des deutschen Messemarktes umfasst.
Grundsätzlich gilt, dass Messen und digitale Medien sich oft ergänzen. Aussteller sagen uns, dass sie sich in ihrer B2B-Kommunikation auf Messen und Online konzentrieren und andere Instrumente zurückfahren. Dadurch seien die Besucher sehr gut vorinformiert und könnten auf dem Messestand ihre (Vor)entscheidungen treffen durch Produkttests, durch Prüfung von Funktion, Design, Geschmack etc. Denn das geht eben nicht durch den digitalen Produktvergleich. Messen sind nur dann durch digitale Plattformen gefährdet, wenn sie sich von diesen zu wenig unterscheiden, wenn Messen also zu wenig Dialog, Emotionen und Erlebnis bieten.
Und das Schicksal der Cebit hat gezeigt, dass es Querschnittsmessen auf Dauer nicht leicht haben. Dazu gibt es durchaus einen Vorläuferfall. Vor 20 Jahren gab es eine allgemeine Messe für industriellen Umweltschutz. Diese Messe – Envitec – ist heute nicht etwa die größte Messe Deutschlands aufgrund der Relevanz des Themas; es gibt sie nicht mehr, weil der Umweltschutz heute in allen relevanten Branchenfachmessen präsent ist. Auch hier geht es weniger um die Auswirkungen digitaler Plattformen, sondern um durchaus übliche Entwicklungen innerhalb der Messewirtschaft.
Fazit: Die klassischen Messen sind über das ganze Branchenspektrum gesehen ziemlich lebendig. Dass sie bei der Einbindung digitaler Tools noch besser werden können, und einzelne eher kleine Segmente neue Formate benötigen, dass Messen im Einzelfall emotionaler und erlebnisorientierter werden könnten, ist unbestritten. Und die meisten Veranstalter haben das erkannt. Die Erfolgsgeschichte der Messen ist noch lange nicht zu Ende.