Kleine EXPO ganz groß! Weltausstellungen mit Nachhaltigkeitsanspruch

Von den Anfängen bis zu den Meeres-Expos in den 70ern – Geschichte der kleinen Expo I

Dass „klein“ nicht unwichtig ist, wissen wir, seitdem „das kleine Schwarze“ als Klassiker in keinem Kleiderschrank fehlen darf. So ist auch die kleine Expo keine Randerscheinung unterm Expodach, sondern ein direkter Nachfahre der ursprünglichen Ausstellungspaläste des 19. Jahrhunderts, im Grunde ein „Arche“-typus. Welche Entwicklung die kleine Weltausstellung seit ihrem Beginn in den 30er Jahren genommen hat, zeigt Dr. Thomas Schriefers, Experte für Weltausstellungen, in seinem Beitrag, den wir in zwei Teilen im AUMA-Blog exklusiv veröffentlichen.

Dr. Thomas Schriefers, Architekt, Kurator und Künstler

Zwei Jahre nach der EXPO 2015 in Mailand wird in wenigen Tagen eine weitere Weltausstellung ihre Pforten öffnen. Diesmal lädt Astana 2017 als Hauptstadt Kasachstans zur ersten zentralasiatischen EXPO ein. Im Gegensatz zu Mailand handelt es sich in Astana um eine so genannte „kleine“ Expo, was bedeutet, dass sie nicht sechs, sondern drei Monate dauert, auf einem kleiner bemessenen Terrain stattfindet und zugunsten einer groß dimensionierten Ausstellungsstruktur auf solitäre Pavillonbauten verzichtet. Ausnahmen bilden der Pavillon des Gastgeberlandes und bestimmte Themenhäuser, welche in das Gesamtkonzept integriert werden.

Beispiel für die Nachnutzung von EXPO-Bauten: Der Kanadische EXPO-Pavillon von 1986 mit seinem typischen zeltförmigen Dach auf der EXPO 1986 in Vancouver gehört heute zum Vancouver Convention Center.Eine Besonderheit besteht darin, dass die bauliche Struktur, in welche die Pavillons der teilnehmenden Nationen für die Expo-Zeit implantiert werden, eine Nachnutzung erfahren wird. Im Gegensatz zu den „großen“ Expos, deren Pavillons nach deren Beendigung durchweg demontiert werden, bestehen Teile der baulichen Einrichtungen weiter, indem sie anderen Nutzungen zugeführt werden. Das gilt bereits für die Strukturen früherer Ausstellungen, z. B. in Vancouver (1986) und Saragossa (2008).

Die Tradition der kleineren Weltausstellungen reicht bis in die 1930er Jahre zurück. Doch erst in jüngerer Zeit spielte sich das von Bureau International des Expositions (BIE) geschaffene Reglement ein, wonach sich große und kleine Expos im regelmäßigen Turnus abwechseln. Jeweils fünf Jahre liegen zwischen den Veranstaltungen, die den Teilnehmer-Nationen abverlangen, sich auf eng bemessenem Raum auf die vorangestellten Themen einzulassen. So lautet das Motto der EXPO 2017 in Astana: Energie der Zukunft: Maßnahmen für weltweite Nachhaltigkeit.

Wasser und Schutz der Meere immer wieder Thema und Anliegen der kleinen Expo

Frühere Ausstellungen konzentrierten sich stärker auf die Bedeutung des Elementes Wasser für unsere Welt, z. B. die Internationale Wasser-Ausstellung, die 1939 in Lüttich stattgefunden hat. Das Thema nahm man später u.a. auf in Okinawa (1975), in New Orleans (1984), in Genua (1992), Lissabon (1998), Saragossa (2008) und Yeosu (2012).

 

Die folgenden Absätze geben einen kurzen Abriss über Schwerpunkte dieser Veranstaltungen und vermitteln einen Eindruck von der Kontinuität, mit der sich die „kleinen“ Expos ambitioniert auf globale Fragestellungen einließen. Dabei zeichnet sich das Bild einer Welt, die bis heute darum ringt, die Folgen der technischen Revolutionen zu bewältigen.

Die Internationale Wasser-Ausstellung Lüttich 1939. Als Fortsetzung der Pariser Weltausstellung im kleineren Maßstab konzipiert, orientierte sich diese Weltausstellung noch am großen Vorbild. Topografisch, da die Pavillonbauten die Ufer eines Flusses, der Maas, säumten. Und formal, da sich ihre Themenhäuser an denen von Paris orientierten. Dabei hatte man im Vorfeld an eine neue Art der Präsentation gedacht. Dafür hatte Le Corbusier 1937 ein Gesamtkonzept vorgelegt. Dem Anspruch folgend, Ausstellungen ökonomischer und Ressourcen sparender als zuvor einzurichten, plante er eine Anlage, die durch eine weithin sichtbare Großstruktur bestimmt werden sollte, welche große Teile der Anlage überdecken sollte. Doch ließ sich ein für die damalige Zeit so revolutionäres Konzept nicht durchsetzen, weshalb es 1939 noch bei einer Vereinzelung der Pavillons blieb.

Frühere Expos konzentrierten sich stärker auf die Bedeutung des Elementes Wasser für unsere Welt, z.B. International Ocean Exposition Okinawa, Japan 1975.Von Spokane (1974) bis Aichi (2005). Zwischen 1970 und 1992 bestimmten die Pazifik-Anreiner-Staaten das Expo-Geschehen. Angesichts des 1974 von den arabischen Staaten verhängten Ölboykotts gegen die Länder, die Israel im „Jom-Kippur-Krieg“ (1973) unterstützt hatten und des daraus resultierenden drastischen Anstiegs der internationalen Ölpreise, gewann der sparsame Umgang mit Energie einen neuen Stellenwert. Gleichzeitig besann man sich der Bedeutung der natürlichen Ressourcen, nicht zuletzt auch der Bedeutung sauberen Wassers. So auch auf der Expo 74 World´s Fair Spokane, die unter dem Motto „Celebrating Tomorrow´s New Environment“ als internationale Umweltausstellung angekündigt wurde. Aufsehen erregte der Deutschen Pavillon mit der anschaulichen Darstellung des Rheinverlaufs inklusive Verschmutzungsszenerie. Es waren nicht zuletzt auch diese Bilder des damals in weiten Teilen bereits umgekippt-toten Fließgewässers, die allgemein aufrüttelten. Zwar erwartete man keine Wunder, doch warb man eindringlich für geeignete Maßnahmen, die Situation zu entschärfen.

 

Nur ein Jahr später thematisierte das japanische Okinawa, ein südlich der Hauptinsel gelegenes Eiland, das bis 1972 unter US-amerikanischer Kontrolle gestanden hatte, den Lebensraum Meer: „The sea we would like to see“. Man skizzierte eine Zukunft, die sich u. a. im Konzept der „Aquapolis“ manifestierte, der weltgrößten Unterwasserstadt, die auf das viel weitergehende „Seatopia“-Projekt hinwies. Für deren Schöpfer, den Architekten Kiyonori Kikutake, markierte „Aquapolis“ den Anfang einer neuen urbanen Tradition, die mit der unbeweglichen Lage einer Stadt auf festem Grund brach. In Hinblick auf die damals anstehende Stadterweiterung Tokyos galt sein Beitrag zur Meeres-Expo in Okinawa als weit vorausblickender Vorschlag für die Planung einer neuen Küstenzone von Tokyo. (Ende des 1. Teils)  

Über den Gastautor:

Dr. Thomas Schriefers ist der Messebranche als Experte für Weltausstellungen bekannt. Der Kölner Architekt, Kurator und Künstler erklärt in zahlreichen Veröffentlichungen und Vorträgen die Architektur von EXPOs. Er hat eine Reihe von Büchern geschrieben, darunter „WELTAUSSTELLUNG(S)ARCHITEKTUR. Geträumt, geplant, gebaut – abgerissen!“, das 2013 vom AUMA herausgegeben wurde. Im Expo-Jahr 2015 reiste Dr. Schriefers 17 Mal nach Mailand, um Besuchergruppen zu begleiten, darunter auch die Delegation des AUMA. Er war Mitglied der Jury, die in Mailand die Expo-Awards vergab. Auch für die Expo 2017 wird Dr. Schriefers einige Male in Astana sein, um Architekten und Messeleuten die Expo zu erklären. / Foto: © C. Rose/Akademie der Architektenkammer NRW gGmbH

Mehr zum Autor und seinen Veröffentlichungen finden Sie hier: www.thomasschriefers.com

 Lesen Sie hier den zweiten Teil des Beitrages von Thomas Schriefers:
“Kleine EXPO ganz groß! Weltausstellungen mit Nachhaltigkeitsanspruch”

Die EXPO in der am Mississippi-Delta gelegenen Stadt New Orleans stand unter dem Motto „Frisches Wasser als Quelle des Lebens“. Umweltthemen seit den 1980ern: Riesenaquarien und wellenförmige Dachkonstruktionen zählen zu den schönsten Relikten der kleinen EXPOs seit den 1980er Jahren, die sich seitdem zunehmend mit Umweltthemen auseinandersetzen. Wer mit auf Erkundungstour kommen möchte, klickt sich hier in den zweiten Teil des Beitrages von Dr. Thomas Schriefers. [mehr]

 

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Ein Kommentar

  1. EXPO 2017

    Mit herzlichen Grüßen aus der EXPO Stadt Hannover nach Astana wünschen wir dem Team im Deutschen Pavillon viel Erfolg und immer gute Stimmung – so wie im Sommer 2015 in Mailand.
    Wir freuen uns auf unsere Reise im Juli nach Kasachstan und den Besuch in Astana.

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