Industrieausstellung warb 1957 in Nordafrika für die deutsche Wirtschaft
Auslandspräsentationen der deutschen Wirtschaft gibt es schon recht lange: Sie reichen bis in die Gründungszeit der Bundesrepublik zurück. Viele Länder hatten damals noch keine Fachmessen, daher organisierte Deutschland eigene Ausstellungen vor Ort, um neue Märkte zu öffnen. Die erste sogenannte Technogerma fand 1954 in Mexiko statt; es folgte eine weitere in Finnland im Jahre 1956 und schließlich eine in Ägypten im Jahre 1957. Diese erste Gemeinschaftspräsentation der Bundesrepublik in einem arabischen Land überhaupt fand trotz der damaligen Spannungen im Nahen Osten statt – parallel zum Suezkonflikt. Auch eröffnete im Herbst desselben Jahres, also nur wenige Monate später, die DDR ihrerseits eine Industrieausstellung in Kairo, die zwar viel kleiner war, aber ebenfalls für politische Aufregung sorgte.
An der Deutschen Industrieausstellung in Kairo vom 14. März bis 3. April 1957 beteiligten sich 420 deutsche Unternehmen auf einem 50.000 qm großen Areal. Sie präsentierten Erzeugnisse aus allen exportrelevanten Industriebranchen „made in Germany“: Maschinenbau, Schwerindustrie, Chemie, Pharmazie, Fahrzeugbau und Bauindustrie. Eine halbe Million Besucher kamen in den drei Wochen auf die Nilinsel Gezira, um die Wunder der deutschen Wirtschaft zu sehen. Organisator der Ausstellung war die IMAG mit Sitz in München, die seit Gründung der Bundesrepublik Auslandsmessebeteiligungen in deren Auftrag durchführte. Veranstalter war der AUMA – Ausstellungs- und Messe-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft, damals noch mit Sitz in Köln.
Deutsches Gemeinschaftsprojekt am Nil: Die IMAG organisierte im Auftrag der Bundesrepublik und des AUMA die erste Deutsche Industrieausstellung in Ägypten, in einer Zeit großer Spannungen im Nahen Osten, während des Suezkonflikts.
Die Bedeutung der Deutschen Industrieausstellung reichte jedoch weit über die reine Produktschau hinaus: Die Ausstellung war Wirtschafts- und Kulturbotschafter der neuen Bundesrepublik: So entstand in Kairo neben den sieben Hallen mit Kränen, Transportern und Autos ein exotisch anmutender Nachbau der deutschen Nachkriegsgesellschaft mit Folklore, Leuchtreklame und Bundesländerpavillons; im Messerestaurant wurden Wein und Bier ausgeschenkt. Das alles tausende Kilometer zu transportieren war eine technisch-logistische Herausforderung: 10.000 Container kamen auf dem Seeweg nach Alexandria, deren Transport nach Kairo weitere acht Wochen und 400 LKWs in Anspruch nahm.
Einen schönen Einblick in die Deutsche Industrieausstellung in Kairo bietet der historische Film der IMAG, der jetzt digitalisiert wurde. Die Aufnahmen stammen vom IMAG-Firmengründer Joachim Hietzig selbst. Der Film dokumentiert nicht nur ausführlich die Deutsche Industrieausstellung am Nil, ihre beeindruckendende Vorbereitung und Eröffnung, sondern auch die Besuche von Politikern, darunter des damaligen ägyptischen Präsidenten Gamal-Abdel Nasser. Der Film zeigt viele (mittlerweile kultige) Ausstellungsobjekte und gibt einen Eindruck vom Leben rund um die Ausstellung. Vor allem aber zeigt der Film Kairo in den 50er Jahren, die Stadt, ihre Umgebung und Bewohner und wird damit zu einem wertvollen Zeitdokument.
Hier sehen Sie den Film der IMAG: https://youtu.be/I0MNvZ3RoK0
Informationen zur IMAG GmbH erhalten Sie hier: www.imag.de
Unsere Bildergalerie hier gibt Ihnen einen kleinen Ausblick auf das Filmdokument.
420 Aussteller beteiligten sich an der Deutschen Industrieausstellung. 8.000 Kolli mit Ausstellungsgütern wurden auf 11 Schiffen nach Alexandria befördert. Für den Weitertransport nach Kairo gab es 8 Wochen lang einen Pendelverkehr mit rund 400 LKWs – bereits zu der damaligen Zeit eine technisch-logistische Meisterleistung.