Journalisten und PR-Leute mäkeln ja vielfach an Pressemeldungen herum. Sei es, dass das journalistische Nachrichtendreieck nicht eingehalten ist, die Mitteilungen aus den Pressestellen zu lang sind oder gar „Sprachsünden“ oder zu viele Anglizismen enthalten. Pressemeldungen von Messeveranstaltern bilden da keine Ausnahme, zumal auch die meist recht langen Messetitel, sperrige Wortmarken oder Abkürzungen die Lektüre nicht eben erleichtern, etwa MöLo (für Möbellogistik-Messe), Ufra (für Unterfrankenschau) oder AnJa (Angeln & Jagen). Gern wird in den Texten unserer Branche – übrigens auch von Journalisten – das Wort Messewesen verwendet, ein Begriff, der irgendwann in den 20ern erfunden wurde und seitdem wie das Verkehrswesen, das Versicherungswesen und das Hundewesen wacker – wenn auch etwas farblos – seinen Dienst tut. Der Begriff Messewirtschaft, der ja ausdrückt, dass Messen etwas mit Ökonomie zu tun haben, ist übrigens auch schon über 30 Jahre alt, hat es aber erstaunlicherweise immer noch schwer.
Denn das ist das eigentlich Interessante an der Sprachkritik: Alte und im Grunde unsinnige Wörter werden von den Kritikern meist weniger aufs Korn genommen als die neuen. Seit kurzem können die Sprachkreativen aber etwas aufatmen, denn eine Studie der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung bescheinigt der deutschen Sprache (und seinen Sprechern) Kreativität und Vielfalt. Namhafte Linguisten haben für den „Ersten Bericht zur Lage der deutschen Sprache“ einen Textkorpus mit einer Mrd. Wörter zwischen 1900 und heute analysiert. Die Ergebnisse mögen Puristen überraschen: Über 30% neue Wörter sind entstanden, darunter viele Komposita, die unsere hochtechnisierte Welt beschreiben. Die Grammatik wird einfacher, dennoch „verfällt“ die Sprache nicht, denn wir verwenden alte und neue Formen häufig als Stilvarianten. Bleibt noch der Hauptvorwurf der Kritiker: die Anglizismen. Viele der englischen Wörter jedoch werden wie deutsche benutzt, zeigt die Studie, und wenn es mal holpert etwa bei „downgeloadet“ oder „gedownloadet“, liege es an der deutschen Struktur, kann man doch sowohl „baugespart“ als auch „gebauspart“ sagen. Sinnvolle Wörter bleiben jedoch: das „Event“ habe die „Veranstaltung“ schließlich nicht verdrängt, sondern um einiges an Bedeutung ergänzt.
Einig sind sich Linguisten und Sprachkritiker jedoch darin, dass nicht jeder Anglizismus eine Bereicherung ist: Also sollten wir „das Messewesen“ recht bald einfangen, bevor es als „exhibition being“ sein Unwesen treibt. (Foto: Pixelio/T. Lieder)