Eventkonferenz TU Chemnitz

Messekommunikation: emotionales oder technisches Verfahren?

Zum Austausch über „Events und Emotionen“ trafen sich im Oktober 2014 auf Einladung von Prof. Cornelia Zanger Wissenschaftler, Professionals und Studierende aus der Veranstaltungsbranche zur 6. Wissenschaftlichen Konferenz Eventforschung der TU Chemnitz. War es im letzten Jahr um das Thema „Messen & Events“ gegangen, standen diesmal Vorträge und Diskussionen rund um die emotionalen Wirkungen von Events aus Psychologie, Marketing, Eventmanagement, Verhaltenswissenschaft, Markenrecht und Soziologie sowie Beispiele aus der Praxis auf dem Programm.

Unter den Beiträgen regte unter anderem ein Praxisbeispiel zur iBeacon-Technologie die Diskussion stark an. Diese Technologie ermöglicht es Unternehmen, gezielt in der Nähe befindliche Nutzer über ihre Smartphones anzusprechen und z.B. Produkte, Informationen oder Kontaktaufnahme anzubieten. Auf Events und auch Messen gibt es dazu viele Einsatzmöglichkeiten. In Zukunft könnte über die Auswertung von Daten, z.B. aus sozialen Netzwerken oder Online-Shopping-Portalen, eine immer gezieltere Ansprache für Werbeinhalte möglich werden. Auf Messegeländen würde diese Technologie bald zum Standard gehören, berichtete der Referent, und über ihre Profile als interessant eingestufte Besucher könnten aktiv zum Besuch von Messeständen bewegt werden, weil sie elektronisch erkannt würden.

Rückfragen aus dem Publikum zeigten, dass die Auswertung von persönlichen Daten zum Zweck einer gezielten und auch emotionalen Kundenansprache nicht durchgängig begrüßt wurde. Oft seien online eingespielte Werbeinhalte, die aufgrund bisheriger Suchanfragen zusammengestellt würden, „spooky“. Unheimlich könne auch sein, vom eigenen Online-Profil bis in die Live-Kommunikation verfolgt zu werden. Nicht umsonst gebe es, gerade in der jungen Generation, neue Trends wie „The Joy of Missing Out“, bei dem das Offline-Sein bewusst zelebriert werde.

Die Aussicht, dass Messebesucher durch ihre Smartphones zu besseren Kontakten kommen, wenn sie direkt zu den am besten passenden Ausstellern geleitet werden, ist einerseits interessant. Auf der anderen Seite bringt diese Optimierung den Verlust eines besonderen Messeerlebnisses mit sich: nach dem Serendipity-Prinzip Ideen und Kontakte zu finden, die man bisher nicht gesucht hat.

Messeveranstalter der Zukunft, so scheint es, werden beides bereithalten müssen: Eine technische Infrastruktur, die Aussteller und Besucher mit Bedürfnissen nach einer technisch optimierten Messekommunikation zufriedenstellt und beste Voraussetzungen für Menschen, die in der Live-Kommunikation vor allem eins wollen: in einem bestimmten Moment mit allen Sinnen ohne Ablenkung kommunizieren und inspiriert werden.

Ich bin sicher: Messen können alles gleichzeitig!

Foto: TU Chemnitz

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Ein Kommentar

  1. Reizüberflutung

    Ich bin mir nicht sicher, welcher der richtige Weg ist. Fakt ist, dass der Besucher einer Messe eine Hardcore-Aufgabe zu bewältigen hat. Zum einen ist er auf der Suche nach Dienstleistungen und Produkten, die zu ihm oder seinem Unternehmen passen, zum anderen geht es aber auch um Erlebnisse, die nicht so ganz vorhersehbar sind. Diese entstehen meist durch Zufall oder in einem ganz persönlichen Gespräch, mit jemandem, dessen Besuch man nicht geplant hat. Die gezielte Auswertung von Daten aus sozialen Netzwerken, Online-Shopping-Verhalten und anderer Daten, die verfügbar sind, sind meiner Meinung nach nicht zielführend. Denn dann wächst die Gefahr, dass ich nur das zu sehen bekomme, was mich sowieso interessiert.

    Messe ist auch immer Suche nach neuen Dingen, die inspirieren. Ein Kaperung meines Handys durch ständige Einblendungen auf dem Display würde ich als Eingriff in meine Privatsphäre und als störend empfinden. Wahrscheinlich ist es dann wie im richtigen Leben. Der der am lautesten schreien kann (Der mit dem grössten Werbe-Etat), hat die meisten Besucher am Stand. Das ist nicht unbedingt, derjenige, der die besten Produkte hat.

    Letztendlich ist alles auf einer Messe Kommunikation. Mich jedenfalls sprechen ganz andere Dinge an. Ein wirklich gutes Gespräch, ein Kaffee, der kein Filterkaffee ist, eine Kleinigkeit zum Naschen, die handgemacht und lecker ist und nicht aus der Convinience-Kühltruhe kommt. Kurz gesagt: Gelebte Gastlichkeit, die mir das Gefühl gibt willkommen zu sein.

    Wir sehen uns insgeheim alle nach ganz originären Erlebnissen und persönlicher Ansprache. Die lässt sich nicht über iBeacon erreichen. Das ist nur wieder eine Form von Ansprache, die diese persönliche Ebene vortäuscht.

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