Nachhaltigkeit und Messe: was erwarten die Kunden?

Auf dem FAMAB-Sustainability Summit am 2. Februar 2017 in Dortmund sprachen Referentinnen und Referenten zu den vielfältigen Dimensionen von Nachhaltigkeit in der Veranstaltungswirtschaft. Ganz ausdrücklich drehte sich die Tagung nicht ausschließlich um das ressourcenschonende Durchführen von Veranstaltungen, sondern um alle Aspekte von Nachhaltigkeit in ökologischer, ökonomischer und sozial verantwortlicher Hinsicht. In vielen Beiträgen kam das Thema Messe zur Sprache, oft zwar nur am Rande. Messebeteiligungen sind offensichtlich für viele Unternehmen ein unverzichtbarer Bestandteil der Live-Kommunikation.

Ein großes Thema: Ressourcenschonung beim Messeauftritt

Wie kann der Materialeinsatz auf Messen optimiert werden? Prof. Dr. Markus Große Ophoff, Fachlicher Leiter des DBU Zentrums für Umweltkommunikation und Honorarprofessor für Veranstaltungsmanagement und Nachhaltigkeitskommunikation an der Hochschule Osnabrück, betonte etwa die Bedeutung der Wiederverwertung von Standelementen. Aus eigener Erfahrung berichtete er, dies könne durchaus auch entgegen dem Rat der Hersteller versucht werden, etwa bei Teppichfliesen und Folien. Julia Heidemann, Referentin Unternehmenskommunikation/Events bei Veolia Deutschland, berichtete über einen preisgekrönten Stand des Unternehmens auf der IFAT. Dieser wurde mit Unterstützung einer Agentur konsequent nach Nachhaltigkeitskriterien konzipiert. Im Ergebnis war der Messeauftritt sogar besonders kostengünstig, obwohl das kein zentrales Planungskriterium gewesen war. Mit Erstaunen sei bei Veolia festgestellt worden, dass nicht jeder Messeveranstalter ein Entsorgungskonzept für seine Veranstaltung habe. Marcus Stadler, director scenic services europe, satis&fy AG Deutschland, kritisierte in seinem Vortrag die Tatsache, dass es bei verschiedenen Materialien aus dem Messebau faktisch immer noch nicht möglich sei, sie in Deutschland fachgerecht recyceln zu lassen.

Mit dem Thema Kosten beschäftigte sich auch eine Podiumsdiskussion zum Thema „Hat Nachhaltigkeit ihren Preis?“. Ein Ergebnis des Gesprächs war, dass nachhaltige Veranstaltungsformate nicht zwingend teurer seien, aber höhere Ansprüche an die Qualität, z.B. beim Catering oder bei verbauten Materialien, auch mehr kosteten. Einen interessanten Ansatz zum Thema Ressourcenverbrauch in der Live-Kommunikation stellte Florian Zibert vor, Geschäftsführer der Agentur Zibert + Friends: Beim Ressourceneinsatz sei es wichtig, auch die Sinnfrage zu stellen. So müsse auch der „Return on Resources“ berechnet werden, nicht nur der „Return on Investment“. Die Branche sollte Kunden diesbezüglich besser und ehrlicher beraten.

 

Was wird von Messeveranstaltern in Zukunft erwartet?

Zertifizierungen werden immer wichtiger. So berichteten André Flinterhoff und Benjamin Gabel vom Fensterhersteller Schüco, dass eine unternehmensinterne Selbstverpflichtung zu Nachhaltigkeit, zum Verwertungsprinzip Cradle-to-Cradle und anderen Standards Nachweispflichten beim Einkauf mit sich brächten. Hier sollten z. B. Messeveranstalter zukünftig mehr Angebote machen; Moderator Helge Thomas von der Agentur pro event live-communication merkte an, dass durch die interne Selbstverpflichtung zu Nachhaltigkeitsstandards auch Herausforderungen an Dienstleister dringlicher würden. Das  Angebot nachhaltiger Services werde von Kunden immer mehr vorausgesetzt.

Bekannterweise wird beim Betrieb von Messegeländen bereits viel auf Nachhaltigkeit geachtet, von der Stromerzeugung bis zur Energieeffizienz. Beim sogenannten Disability Mainstreaming gebe es jedoch noch einiges zu tun, so Raúl Krauthausen, prominenter Inklusions-Aktivist: Barrierefreiheit auf dem Messegelände müsse konsequent und auch für Aussteller verpflichtend umgesetzt werden. Veranstalter versuchte er zu beruhigen, dass sich der Aufwand für eine behindertengerechte Veranstaltung oft in Grenzen halte, da nur das tatsächlich benötigte Assistenzangebot vorgehalten werden müsse. Wichtig sei, im Vorfeld den Bedarf nach Leistungen für Personen mit Einschränkungen bei der Mobilität oder beim Sehen und Hören abzufragen, um diese nicht vorab auszugrenzen. Für die Umsetzung gebe es Beratungsangebote von Fachverbänden, Angebote zur Barrierefreiheit könnten häufig auch gesponsert werden.

Ist Nachhaltigkeit als ganzheitliches Prinzip in der Messebranche angekommen?

Unternehmen der Messewirtschaft beschäftigen sich schon lange mit einzelnen Aspekten von Nachhaltigkeit wie Umweltschutz, Barrierefreiheit, Interkultureller Kommunikation, Corporate Social Responsibility, Diversity Management, Disability Mainstreaming etc. Diese Aspekte haben sich heute zu einer ganzheitlichen Sichtweise zusammengefügt. Der Unterschied liegt in Zukunft vor allem darin, dass diese Maßnahmen nicht mehr “nice to have”, sondern zwingend notwendig sind: Ausstellende Unternehmen geben sich zunehmend interne Richtlinien, die bis in die Entscheidungsebenen wirken. Wenn zertifizierte Nachhaltigkeitsstandards für Unternehmensinvestitionen verpflichtend sind, können diese nicht mehr ohne entsprechende Kennzahlen getätigt werden – also heißt es für die Messebranche, Angebote zu machen, weil  Anforderungen stärker wachsen werden. Muss Nachhaltigkeit im Hinblick auf Return on Resources vielleicht generell in die Kosten-Nutzen-Berechnungen einer Messebeteiligung einbezogen werden?

Weitere Anforderungen für die Zukunft der Branche diskutierte Prof. Stefan Luppold, Studiengangsleiter BWL – Messe-, Kongress-und Eventmanagement an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Ravensburg, in seinem Vortrag „Branchennachwuchs mit Nachhaltigkeits-Verständnis – Pflichtaufgaben für die Ausbildung!?“. Florenz Meier, Account Manager bei GAHRENS + BATTERMANN, stellte Überlegungen zur Umsetzung und Vermarktung von nachhaltigen Messen an.

Die gute Nachricht

Mit all diesen Anstrengungen bleibt die Messewirtschaft nicht allein. Orientierungshilfe bieten Best Practices, digitale Tools, Beratungsangebote von Institutionen, Verbänden und Dienstleistern. Der AUMA thematisiert Nachhaltigkeit in Arbeitskreisen für seine Mitglieder und hat an einem Leitfaden zur Nachhaltigkeitsberichterstattung speziell von Unternehmen aus der Veranstaltungswirtschaft auf der Basis des international anerkannten Regelwerks der Global Reporting Initiative mitgearbeitet.

Mehr zum FAMAB-Sustainability Summit. Der AUMA war als Sponsor der Veranstaltung in Dortmund mit einem Stand vor Ort.
Mehr zum Thema Nachhaltigkeit im AUMA-Blog

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3 Kommentare

  1. Spannender Artikel der einen Nerv trifft

    Nachhaltigkeit ist mittlerweile nicht nur im Messebau angekommen sondern auch spürbar beim Kunden. Der verantwortungsvolle Umgang mit unseren Rohstoffen spiegelt sich auch in der Vewendung bei Messeauftritten wieder. Von der Wegwerfgesellschaft hin zu Mehrfachverwendungen. Finden wir sehr gut.

  2. Erstmal ein Kompliment an den Verfasser, der ein sehr wichtiges Thema schriftlich gut umgesetzt hat. Ich sehe das wie Dieter, dass Nachhaltigkeit in verschiedenen Branchen angekommen ist und für viele Kunden eines der wichtigsten Themen ist.

  3. Sehr guter Artikel

    Sehr gut verfasster Artikel. Viele Messen benutzen das Argument, das Messeveranstaltungen eine positive Umweltbilanz haben, da Unternehmen an einem Standort mehrere Partner und Kunden auf einmal treffen können und somit Nachhaltiger wären, als von Ort zu Ort zu reisen. Dieser Vergleich hinkt leider stark. Ich finde es auch sehr wichtig, dass das Thema immer weiter in den Vordergrund rückt und wir das wir und weg von der Wegwerfgesellschaft entwickeln!

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