Buchmessen in Leipzig und Frankfurt: Mehr Gemeinsames als Trennendes

Es ist selten, dass man die Gelegenheit hat, Vertreter von zwei Buchmessen gleichzeitig zu sprechen. Julia Tornier hatte neulich in München am Rande eines AUMA-Arbeitstreffens das Glück und konnte Fragen stellen, die sie in diesem Zusammenhang beschäftigen. Dr. Torsten Casimir ist der neue Unternehmenssprecher der Frankfurter Buchmesse. Dr. Andreas Knaut ist Pressesprecher bei der Leipziger Messe und auch für deren Buchmesse verantwortlich.

Lieber Torsten Casimir, lieber Andreas Knaut, seit wann kennt ihr euch? Und wie lange seid ihr schon für die Buchmessen unterwegs?

Torsten Casimir: Wir haben in den vergangenen Jahren ab und zu miteinander gesprochen, aber noch in einer anderen Rollenkonstellation – Andreas bereits als Unternehmenssprecher der Leipziger Messe, ich bis Ende 2022 noch als Chefredakteur des Fachmagazins Börsenblatt. Bei der Frankfurter Buchmesse bin ich erst seit einem Vierteljahr.

 

 

 

Andreas Knaut: So ist es. Ich bin seit etwas mehr als drei Jahren für die Kommunikation und das Marketing der Leipziger Messe Unternehmensgruppe zuständig – und dazu zählt unbedingt natürlich auch die Leipziger Buchmesse, Leipzig liest, die manga comic con. Buchmessen kannte ich aber schon vorher – als Besucher und Aussteller.

Das interessiert mich: Wie kann man sich das Verhältnis von zwei Messen zum gleichen Thema auf dem heiß umkämpften Messemarkt vorstellen? Schwierig?

Andreas Knaut: Wir pflegen eine freundschaftlich rivalisierende Koexistenz. Wobei ich denke, dass das Gemeinsame größer ist als das Trennende. Durch unsere Termine im Frühjahr und Herbst helfen wir beide, den Buchmarkt über das Jahr mit zu strukturieren. Zeigt die eine Messe Erfolge, ist das ein gutes Omen für die Andere, das beobachteten wir gerade in der Pandemie. Dazu ist der Börsenverein Teil unseres Beirates und nimmt an der Leipziger Buchmesse regen Anteil, was wir sehr begrüßen.

 

 

Torsten Casimir: Kollegial kompetitiv. Wir pflegen, so empfinde ich es jedenfalls, ein gutes Miteinander. Dabei hilft es uns, dass beide deutschen Buchmessen ein leicht unterscheidbares Profil haben. Leipzig ist das Lesefestival und damit eine reine Publikumsmesse. Frankfurt ist die Leitmesse der Publishing-Branche weltweit und hat damit einen starken B2B-Schwerpunkt. Außerdem sind wir einander inhaltlich verbunden. Ich darf beispielsweise im Kuratorium des Leipziger Buchpreises zur Europäischen Verständigung den Börsenverein vertreten, der einer von vier Preisstiftern ist – die Leipziger Kolleg:innen sind so tolerant, mir meinen Frankfurter Job insoweit nicht nachzutragen. Zu Oliver Zille, dem langjährigen Direktor der Leipziger Buchmesse, habe ich seit Jahren einen freundschaftlichen Kontakt. Aber natürlich sind wir, bei aller Freundschaft, auch Wettbewerber.

Was ist eurer Meinung nach die wichtigste Aufgabe einer Buchmesse, nicht nur in wirtschaftlicher, sondern auch in gesellschaftlicher und kultureller Hinsicht?

Torsten Casimir: Bücher ins Rampenlicht zu rücken. Verbindungen zu schaffen zwischen Autor:innen und Leser:innen. Mediale Resonanz zu erzeugen. Den Kontakt zur Politik zu pflegen, denn politische Mandatsträger zeigen sich auf Buchmessen gerne und sind am Austausch mit der Verlagsbranche sehr interessiert.

Andreas Knaut: Die Liste von Torsten scheint mir komplett. Buchmessen setzen in der Gesellschaft regelmässig ein Ausrufezeichen für das Lesen und das Lesevergnügen. In heutiger Zeit wichtiger denn je.

Gibt es gemeinsame Herausforderungen, die ihr beide als Kommunikatoren für eine Buchmesse teilt? Wo liegt der größte Unterschied?

Andreas Knaut: Es geht darum, das freie Wort und die freie Rede hochzuhalten. Wo, wenn nicht auf einer Buchmesse, ist es möglich, unangefochten seine Meinung zu äussern? Es geht darum, Plattform zu sein, jenen eine Stimme und eine Reichweite zu verleihen, die sonst nicht gehört werden. Und es geht um Spass. Wir feiern das Wort, die Autoren und Autorinnen, die Begegnung, das Miteinander. Die Leipziger Buchmesse, die manga comic con, Leipzig liest sind ein Lesefestival – das ist wohl der größte Unterschied zu Frankfurt.

Torsten Casimir: Erklären, dass Meinungsfreiheit ein Grundrecht ist, welches die unbequeme Eigenschaft hat, für alle zu gelten. Mit sachlichen Argumenten ein Verständnis dafür schaffen, dass Buchmessen auch politisch missliebigen Verlagen das Recht gewähren müssen, ihre Produktion zu zeigen. Ein weiterer Unterschied zwischen Leipzig und Frankfurt ist vielleicht, dass wir in Frankfurt unsere Kommunikation stark international ausrichten.

Vielen Dank für dieses Gespräch!

 

Über die Buchmessen: Nach der Frankfurter Buchmesse ist die Leipziger Buchmesse die zweitgrößte Literaturveranstaltung in Deutschland. Üblicherweise wird die Leipziger Buchmesse jedes Jahr im März auf dem neuen Leipziger Messegelände veranstaltet. Durch die Nachwirkungen der Corona-Pandemie findet sie 2023 noch abweichend vom 27. bis 30. April statt. Die Frankfurter Buchmesse findet 2023 planmäßig vom 18.-22. Oktober statt.

Zur Person: Dr. Torsten Casimir, viele Jahre Zeitungsredakteur in den Bereichen Wissenschaft und Kultur, von 2006 bis 2022 Chefredakteur des Börsenblatts. Seit Anfang dieses Jahres Unternehmenssprecher der Frankfurter Buchmesse und Mitglied der Geschäftsleitung.

Zur Person: Dr. Andreas Knaut, von Hause aus Journalist und seit zwei Jahrzehnten als Kommunikator für Industrie- und für Medienunternehmen tätig. Seit 2020 Bereichsleiter Kommunikation und Pressesprecher der Leipziger Messe Unternehmensgruppe.

Julia Tornier ist Managerin Social Media im AUMA – Verband der deutschen Messewirtschaft.

 

Fotos: Pixabay (Titel), Katrin Friedl (Dr. Torsten Casimir), Leipziger Messe (Dr. Andreas Knaut)

Beitrag gefällt 10 Personen

Bitte füllen Sie alle mit * gekennzeichneten Felder aus. Ihre E-Mail-Adresse ist erforderlich, wird aber nicht veröffentlicht. Bitte beachten Sie auch unsere Nutzungsbedingungen unter „Über AUMA-Blog“.